Buch: 101 Techniken für deine mentale Stärke

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Mentaltraining für Sport, Beruf, Schule und Alltag

 

Buch: Dein Weg zur mentalen Stärke

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Mentaltraining und Lebensschule für Sportler, Trainer und Betreuer.

 

Stress

Definition

Der Begriff "Stress" lässt sich vom Englischen Wort "stress" ableiten, was so viel bedeutet wie "Druck und Anspannung" und eine Kurzform von "distress" (=Angst und Kummer) darstellt.

Dies ist wohl auch der Grund, warum dem Wort Stress gemeinhin ein schlechter Ruf anhängt. Aus biologischer Sicht ist Stress (Anspannung) jedoch ganz etwas Natürliches und für einen gesunden, funktionierenden Organismus unerlässlich (eine Zelle ohne Spannung wäre so gut wie tot). Genauso wie in einem Orchester – man stelle sich ein Musikstück ohne das Wechselspiel von Spannungsauf- und abbau vor – findet man das Phänomen "Spannung und Entspannung" eben auch in der Natur.

Es ist nicht eine Situation an sich, die Stress macht, sondern die Art wie du diese beurteilst

Aus diesem Grund macht auch die Unterteilung des Wortes Stress in Dis-Stress (negativer oder besser unangenehmer Stress) und Eu-Stress (positiver, angenehmer Stress) Sinn. Die Silbe "eu" kommt aus dem Griechischen und heisst so viel wie "gut, schön". Dem gegenüber steht die Silbe "dis" aus dem Lateinischen, was mit dem Wort "entzwei, nicht zusammenpassend" übersetzt werden kann. Nicht umsonst sagen wir manchmal, ich bin in "euphorischer Stimmung" oder es herrscht "Dis-Harmonie in einer Beziehung." 

 

Ursprung

Der eigentliche Ursprung von Stress resp. Angst (Angst führt automatisch zu einer Stressreaktion) liegt in der Evolution weit zurück und rührt ursprünglich aus der Tierwelt. Um unter den damaligen Umständen überleben zu können, war die Angst eine wichtige Ressource. Traf beispielsweise ein gejagtes Tier auf ein jagendes Tier, gab es nur die Möglichkeiten zu kämpfen (fight = ich stelle mich der Sache), zu fliehen (flight = nichts wie weg) oder totstellen (freeze = über sich ergehen lassen, aushalten, abwarten etc.).

Wie bei den Tieren, so hilft Angst auch beim Menschen, den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen, ihn kräftiger und schneller werden zu lassen, die Situation besser wahrnehmen zu können sowie eine schnelle Entscheidung treffen zu können. Nur dank diesen durch die Angst ausgelösten Fähigkeiten hatte der damalige Höhlenmensch eine reelle Chance, zu überleben. Den meisten unter uns ist in Zusammenhang mit Ängsten das Stresshormon Adrenalin ein bekannter Begriff, welches die genannten Fertigkeiten des Höhlenmenschen überhaupt erst möglich machte.

Aufgrund der evolutionären Entwicklung hat die Angst eine wichtige Funktion als ein die Sinne schärfender Schutzmechanismus, der in tatsächlichen oder auch vermeintlichen Gefahrensituationen ein angemessenes Verhalten (etwa Flucht) einleitet. Da die "Kosten" einer Flucht gering sind (wenige hundert kcal), die Kosten einer übersehenen Bedrohung aber sehr hoch sein können (im Extremfall tödlich), ist die „Alarmanlage“ Angst sehr empfindlich eingestellt, was in vielen "Fehlalarmen" resultiert. Im Gehirn wird die relativ langsame Verarbeitung des Grosshirns in seinem Einfluss zurückgedrängt und schematische Entscheidungsmuster des Stammhirns werden mit Vorrang genutzt. Dies geschieht durch veränderte Ausschüttungsmuster von dämpfendem Serotonin und anregendem Noradrenalin in den betroffenen Gehirnteilen. So kann schneller, wenn auch mit grösserer Fehlerquote, reagiert werden.

Frage dich in Stresssituationen: "Sind mein Ueberleben und meine Grundbedürfnisse wirklich bedroht?"

 

Stress und Angst in der heutigen Zeit

Das Problem des erwähnten Vorgangs ist, dass dieser Mechanismus auch noch heute bei vermeintlich lebensbedrohlichen Gefahren (hohe Anforderungen am Arbeitsplatz, Prüfung, befürchteter Prestigeverlust, Stress an der Supermarktkasse etc.) einsetzt und die daraus resultierenden Körperreaktionen nicht ihre natürliche Abarbeitung finden. Dies kann zu emotionalen (Denkblockaden, Sorgen, Nervosität, Unkonzentriertheit, Stimmungsschwankungen, Wutausbrüchen etc.) sowie körperlichen Stresssymptomen (Schlafprobleme, Appetitlosigkeit, Herzrasen, Kopfschmerzen, zittern, schwitzen, erröten etc.) führen.

Natürlich reagiert nicht jeder Mensch gleich auf bestimmte Stresssituationen, da jeder eine persönliche Lebensgeschichte (Biographie),  Erbanlage sowie Erfahrungen besitzt und somit eine individuelle Verhaltensweise in sich trägt. Ebenfalls prägend sind sogenannte Referenzgruppen (Vorbilder, Cliquen etc.) sowie kulturelle Einflüsse. Zusätzlich trägt natürlich auch die momentane Lebenslage dazu bei, wie wir uns in einer spezifischen Situation genau verhalten. Je nach Typ Mensch resp. Situation reagieren wir also – genau wie Tiere – in (vermeintlich) gefährlichen Situationen mit Kampf, Flucht oder "einfrieren" (natürlich gibt es in der Praxis auch Mischformen). Wird beispielsweise jemand am Arbeitsplatz gemobbt, kann es sein, dass er buchstäblich davonläuft (Job-Wechsel), zum Angriff bläst (sich der Sache annehmen, psychische oder physische Gewalt) oder einfach alles über sich ergehen lässt ("einfrieren").

Die Hirnforschung lehrt uns: Jeder Sportler ist in der Lage, sein Stressverhalten zu verändern

Auch im Sport wird man oft mit solchen Situationen konfrontiert (umstrittene Entscheidungen, Rückstand, Konflikte mit Spielern, Trainer und Schiedsrichter), was den Athleten teilweise zu unpassenden Reaktionen veranlasst. Allerdings wäre sportliche Leistung ohne Stress unmöglich, da ansonsten der Antrieb fehlt resp. Nachlässigkeit einkehrt (klare Führung, Spiel gegen Aussenseiter). Auch hier geht es einmal mehr um das richtige Mass, welches situativ angepasst werden muss.